46. Kongress der DGE-BV in Mannheim

Das ewig junge Thema der "optimalen" endosonographischen Feinnadelpunktion

Mannheim, 18. März 2016 (-stk)

 

Es war ein spannendes Endosonographiesymposium in Mannheim. Wieder ging es um die Frage der optimalen endosongraphischen Feinnadelpunktion, diesmal unter der Überschrift, ob „wirklich viele Wege nach Rom führen“.  Eine Antwort auf die Frage gab es auch in Mannheim wieder nicht; und bis nach Rom sind wir auch nicht gekommen.

Christian Jenssen (Strausberg/Wriezen) und Jan Janssen (Wuppertal) moderierten das Symposium
C. Jenssen

Christian Jenssen hat es in seinem Eingangsvortrag beim Endosonographiesymposium am 17. März 2016 während des  46. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Endoskopie  und Bildgebende Verfahren e.V. in Mannheim klar herausgestellt: Die Frage, wie können wir optimal mit der Feinnadel punktieren, ist eine, die uns seit Jahren umtreibt und die immer wieder gern gestellt wird, weil sie sich so schön kontrovers diskutieren läßt. Eine allgemeingültige Antwort gab es bisher nicht und gibt es auch in Mannheim nicht.  Wie auch ?

Jenssen: „Es gibt ganz offensichtlich eine Diskrepanz zwischen dem, was wir lesen und dem was wir erleben, wenn wir unsere eigenen Ergebnisse kritisch reflektieren.“

Während in der Literatur Daten für Sensitivität und Spezifität der EUS-Feinnadelpunktion von 90 % zu finden sind, belegen sowohl z.T. hochrangig publizierte Studien, die die tatsächliche klinische Realität widerspiegeln als auch eigene Daten, die aus Deutschland stammen, dass „nur knapp die Hälfte der Befragten in einen Bereich kommen mit mehr als 75% Genauigkeiten der EUS-FNA.“

Christian Jenssen resümiert, daß es „offensichtlich nur eine geringe Schnittmenge zwischen den Studien und dem was wir in der Realität erleben, gibt.

Mit der S2k-Leitlinie „Qualitätsanforderungen in der gastrointestinalen Endoskopie“, die klar besagt, daß diagnostisch akzeptables  Material in mehr 85% und konklusive Befunde in 90% der Fälle mit diagnostisch akzeptablem Material möglich sein müssen, stehen wir vor großen Herausforderungen.

Wo das nicht Realität ist, muß der gesamte Prozeß der diagnostischen Feinnadelpunktion reevaluiert werden.

 

Das war das Setting des Symposiums und Christian Jenssen beschrieb für all diejenigen, die diese Qualitätsanforderungen nicht erreichen insgesamt  vier mögliche „Wege nach Rom“:

  1. dem Zytopathologen den Laufpaß geben und einen anderen suchen (dieser Vorschlag basiert auf einer Arbeit aus München, Herr Welker hat diesen Vorschlag später sehr emotional kommentiert);
  2. die Zytologie selbst und besser erledigen als der Zytopathologe;
  3. den Zytologen in den Untersuchungsraum holen, damit er besser wird. (Nach großem Hype gibt es allerdings inzwischen zwei große Studien, die zeigen, daß die Ergebnisse nicht besser sind, wenn man den Zytologen in den Untersuchungsraum einlädt.)
  4. die Nadel wechseln, weil sie schuld ist an der schlechten Performance. Allerdings: man kann viel Geld für Nadeln ausgeben, aber jedem Hype nach der Neueinführung einer Nadel folgte bisher unweigerlich die Ernüchterung. (Diesen Vorschlag hat Stephan Hollerbach kommentiert.)

Christian Jenssens Fazit war ernüchternd: Kein offensichtlicher Königsweg, der Besserung für jeden verspricht. Da waren spannende Diskussion vorprogrammiert.

Lea Tietje aus Hamburg (Asklepios Klinik Barmbeck) hat in einer retrospektiven Auswertung der Feinnadelpunktionen von Pankreasläsionen in ihrem Krankenhaus die von Christian Jenssen beschriebenen Wahrnehmungen bestätigt: Sensitivität unter 60 %, Spezifität und positiver Vorhersagewert 100 % und Genauigkeit 59 %, negativer Vorhersagewert 20 %. Lutz Welker hat diese Daten im weiteren Verlauf des Symposiums nochmals aufgegriffen und aus der Sicht des Zytopathologen erläutert.

Stefan von Delius (Klinikum rechts der Isar der TU München) ging der Frage nach, ob sich die ProCore-Nadel (Cook) bei der Diagnostik der Autoimmunpankreatitis bewährt. Das wäre eine Möglichkeit der Verbesserung der Ergebnisse, wenn bestimmte Nadeln in speziellen Situation eingesetzt werden sollten. Aber überzeugen konnten die Ergebnisse auch nicht. Auch dieser Weg ist keine Lösung.

Auf die Nadel kommt es nicht an

Stephan Hollerbach (Celle) betrieb „Nadelnologie“ und bezweifelt, daß die Nadel der entscheidende Faktor dafür ist, die Genauigkeit zu erhöhen.

Können, Erfahrung und damit Treffsicherheit des Untersuchers,  Art des Gewebes und auch die Erfahrung des Zytopathologen spielen die entscheidende Rolle.

Hollerbach konnte Daten der NICE-Studie von Villman zeigen, die insgesamt 8 Nadeln in einem hochinteressanten und differenzierten Protokoll mit Videoanalysen international untersucht haben (unter anderem waren Christian Jenssen, Michael Hocke, Christoph Dietrich, Jürgen Pohl und Marcus Kantowski aus Deutschland als Untersucher beteiligt). Dabei stellte sich heraus, dass eine neue gecoatete  Mediglobe-Nadel (derzeit nur Prototyp verfügbar) die beste Performance zeigte, von den auf dem Markt verfügbaren Nadeln konnten die Echo Tip Ultra (Firma Cook) und ClearView (Conmed) überzeugen.

Auch die ausführliche Literaturübersicht von Stephan Hollerbach konnte die Frage jedoch nicht abschließend beantworten: „So, wie Nicolo Paganini auf jeder Geige genial spielte, wird der erfahrene Endosonographiker auch mit jeder Nadel exzellente Ergebnisse erreichen.“

Der Zytopathologe kann auch nicht alles richten

Schlußendlich nahm Lutz Welker, Pathologe aus Großhansdorf, den Ball noch einmal auf, brach eine dicke Lanze für den Pathologen (oder Zytologen) und spielte am Ende den Ball an den Endosonographiker zurück.

Welker stellte dar, daß es erhebliche Entwicklung bei den Pathologen hinsichtlich der Akzeptanz der Zytologie gegeben hat. Mit der Einführung verbindlicher Klassifikationen und Standards in der Beurteilung von zytologischem Material, mit der damit gewachsenen Aufmerksamkeit und Erfahrung der Zytopathologen  erscheint der Aufruf, doch bei unbefriedigenden Ergebnissen einfach den Pathologen zu wechseln, nicht zielführend.

Welker lieferte auch eine brillante Replik auf das von Stephan Hollerbach postulierte Primat der Zellblocktechnik. Für den Einsatz der Zellblocktechnik, der von Stephan Hollerbach vehement gefordert worden war, ist es notwendig, primär als benigne identifizierte Läsionen vollständig (!) aufzustufen , um damit zu verhindern, daß dem Zytopathologen ein maligner Tumor (in tieferen, primär nicht angeschnittenen Anteilen)  entgeht.

Interessant war Welkers Darstellung, mit welcher Genauigkeit der zytopathologischen Beurteilung man bei optimaler Durchführung einer Feinnadelbiospie überhaupt rechnen kann: Selbst bei einer direkten intraoperativen Feinnadelpunktion („der Chirurg hält den Tumor also quasi in der Hand und sticht mit der Nadel zu“)  erreicht man nur eine Sensitivität von 95 %, was mit der feingeweblichen Struktur der Tumoren zusammenhängt, die mit der Feinnadel selbst bei optimalem Setting  nicht immer vollständig erfaßt werden kann.

Wegen „der Tücke des Objektes“ existiert bereits primär eine „Sensitivitätslücke“ von 5 %.

Dann – das zeigen Auswertungen von Lutz Welkers eigenem Patientengut – ist in 5 bis 25 % der Einsendungen das Material ungeeignet, was nach Welkers Meinung in der Expertise des Untersuchers (Gelingt die Einsendung diagnostisch verwertbaren, repräsentativen Materials überhaupt?) und durch die Auswahl der Patienten (und damit der zu diagnostizierenden Erkrankungen) gründet.

Lutz Welker hat die Ergebnisse der zytopathologischen Beurteilung von Pankreasläsionen  mit denen von pulmonalen und mediastinalen Läsionen verglichen und dabei festgestellt, daß diese nahezu übereinstimmen mit Sensitivitäten um 60 %. Sein Fazit: Auswahl der Patienten und Expertise der Untersucher  (also Fallzahl / Untersucher) haben Einfluß auf die Rate, wie viel ungeeignetes Material eingesandt wird und damit auf die Genauigkeit der zytopathologischen Beurteilung der Feinnadelpunktionen.

Und damit ist der Ball wieder bei uns!

 

Wir spielen den Ball weiter; sicher wird auf dem 16. EUS-Tag Berlin Brandenburg wieder Raum für eine Nadeldiskussion sein.

Komplikationen durch EUS

Mit entwaffnender Offenheit hat sich Uwe Gottschalk (Neubrandenburg) im Endosonographiesymposium während des  46. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Endoskopie  und Bildgebende Verfahren e.V. in Mannheim mit Komplikationen durch Endosonographie beschäftigt. Er konnte dabei Daten aus dem deutschen Endosonographieregister zeigen, aber auch eigene Fälle und deren Lösung referieren.

Eine interessante Diskussion zwischen Auditorium und Gottschalk entstand bei der Frage, ob vor jeder EUS eine Ösophagogastroduodenoskopie die unproblematische Passage demonstrieren muß (und ob sie das überhaupt kann ?): Immerhin 60% der anwesenden Experten gastroskopiert nicht routinemäßig vor einer EUS.

Gottschalks genauso entwaffnendes, wie offenherziges Fazit: Wenn's nicht durchgeht, soll man's nicht erzwingen.

Christian Jenssen: Trends in der EUS-Literatur 1980 - 2011. mehr ...

 

 

Uwe Gottschalk: Die Qual der Wahl - Welche Nadel für welches Ziel ? mehr ...

Camellini L, Carlinfante G, Azzolini F, Iori V, Cavina M, Sereni G, Decembrino F, Gallo C, Tamagnini I, Valli R, Piana S, Campari C, Gardini G, Sassatelli R. A randomized clinical trial comparing 22G and 25G needles in endoscopic ultrasound-guided fine-needle aspiration of solid lesions. Endoscopy 2011;43:709-15.

 

Iglesias-Garcia J, Poley JW, Larghi A, Giovannini M, Petrone MC, Abdulkader I, Monges G, Costamagna G, Arcidiacono P, Biermann K, Rindi G, Bories E, Dogloni C, Bruno M, Dominguez-Munoz JE. Feasibility and yield of a new EUS histology needle: results from a multicenter, pooled, cohort study. Gastrointestinal endoscopy 2011;73:1189-96.

 

Itoi T, Tsuchiya T, Itokawa F, Sofuni A, Kurihara T, Tsuji S, Ikeuchi N. Histological diagnosis by EUS-guided fine-needle aspiration biopsy in pancreatic solid masses without on-site cytopathologist: a single-center experience. Digestive endoscopy : official journal of the Japan Gastroenterological Endoscopy Society 2011;23 Suppl 1:34-8.

 

Kida M, Araki M, Miyazawa S, Ikeda H, Takezawa M, Kikuchi H, Watanabe M, Imaizumi H, Koizumi W. Comparison of diagnostic accuracy of endoscopic ultrasound-guided fine-needle aspiration with 22- and 25-gauge needles in the same patients. Journal of Interventional Gastroenterology 2011;1:102-107.

 

 

Christian Jenssen: Meta-Analyse zum Staging des Magenkarzinoms. mehr ...

 Mocellin S, Marchet A, Nitti D. EUS for the staging of gastric cancer: a meta-analysis. Gastrointest Endosc 2011; 73(6): 1122-1134 

 

 

Kathleen Möller: CEUS bei soliden Pankreasläsionen. mehr ...

Kitano et al, Am J Gastroenterology 2012; 107: 303 - 310

 

 

Christian Jenssen: Differenzialdiagnostische Relevanz der EUS-gestützten Aspiration von zystischen Pankreasläsionen. mehr...

Cizginer S, Turner B, Bilge AR, Karaca C, Pitman MB, Brugge WR.

Cyst fluid carcinoembryonic antigen is an accurate diagnostic marker of pancreatic mucinous cysts.

Pancreas 2011; 40(7):1024-1028.

 

Pitman MB, Genevay M, Yaeger K, Chebib I, Turner BG, Mino-Kenudson M, Brugge WR. High-Grade atypical epithelial cells in pancreatic mucinous cysts are a more accurate predictor of malignancy than

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Genevay M, Mino-Kenudson M, Yaeger KA, Konstantinidis IT, Ferrone CR, Thayer S, Castillo CF, Sahani D, Bounds B, Forcione D,Brugge WR, Pitman MB.

Cytology adds value to imaging studies for risk assessment of malignancy in pancreatic mucinous cysts. Ann Surg 2011; 254(6): 977-983